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Sagen & Geschichten aus München

Münchner Sagen & Geschichten

Die Quatembermänner

Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)


Alle Vierteljahre sieht man noch heut zu Tage in der Quatemberwoche sechs Männer und sechs Frauen in alterthümlicher Tracht von dem heil. Geistspitale bei den Elisabeth. ' sabethinerinen dahier durch die Straßen der Stadt zur Frauenkirche wallen, um daselbst dem Gottesdienste beizuwohnen.

Nach der Erzählung des Volkes, welche auch Lipowsky bestätigt, habe Kaiser Ludwig im Jahre 1321, als er das heil. Geistspital mit einer bedingten Gerichtsfreiheit begabte, zugleich verordnet, daß zu einem von ihm gestifteten Quatember-Jahrtag zu U. l. Frau jederzeit sechs Männer und sechs Weiber erscheinen sollen.

Diese Angabe ist jedoch völlig unrichtig. Durch die Güte des Herrn Dombenesiziaten A. Mayer dahier hatte Verfasser Gelegenheit, die Akten und die Stiftungsurkunde, deren Original sich bei der Priesterbruderschaft zu U. l. Frau befindet, einzusehen und die Ergebnisse sind folgende.

Durch diesen Stiftungsbrief vom 12. September 1580 richtete Anna, Wittwe Herzog Albrechts V. von Bayern, auf dem Chore in U. l. Frauenkirche dahier bei der Fürsten von Bayern alter Begräbniß einen ewigen QuatemberJahrtag und Gottesdienst zu Ehren der Himmelskönigin Maria und aller Heiligen, und zum Seelenheile ihres seligen Gemahles, Herzog Albrechts und aller Verstorbenen aus den ihr verwandten Regentenhäusern Bayern, Oesterreich und Baden in der Art, daß viermal im Jahre an jedem Quatember-Donnerstage eine lange Vigil, und Tages darauf, Freitags, ein „gesungenes Seelenamt" mit darauffolgendem Hochamte gehalten werde. Diese Stiftung dotirte sie mit 1372 Gulden rh. Dabei bestimmte sie, daß zwölf Arme des heil. Geistspitales, sechs Männer und sechs Weiber, sowohl der Vigil als des andern Tages den heiligen Aemtern beiwohnen sollen, wofür jedes dieser zwölf Armen eine Spende von vier Kreuzern zu erhalten hat. Zugleich vermachte sie zu diesem Zwecke einen Kirchenornat von schwarzem Sammt, reich mit Silber und Gold gestickt.

Diese Stiftung, Fürstenjahrtag genannt, besteht noch, und diese zwölf Armen in alterthümlicher Tracht, in langen gefalteten Mänteln von schwarzem Tuche, einen weißen gefalteten Kragen um den Hals bis über die Schultern herab, und mit breiträndigen, nach oben spitz zulaufenden Hüten auf dem Kopfe sind es, die man vierteljährlich zweimal paarweise durch die Straßen der Stadt zur Frauenkirche schreiten sieht, und die das Volk „Quatembermänner" nennt.

Bei diesen Gottesdiensten ist ihr Platz in der Kirche bei der alten Fürstengruft, und vor ihnen wird ein Leuchter mit drei Lichtern hingestellt, welche die drei Fürstenhäuser Bayern, Oesterreich und Baden bedeuten, zu derer verstorbenen Ahnen Gedächtniß diese Gottesdienste gefeiert werden.

An diese Stiftung knüpft sich auch eine Wundersage. Als im Anfange dieses Jahrhundertes in Folge der Säkularisation eine Menge Stiftungen aufgehoben und ihre Kapitalien vom Staate eingezogen wurden, sollte dieses Schicksal auch den Ouatemberumzug der Spitalleute treffen. Da sah man einmal um Mitternacht aus dem Thore des heil. Geistspitals einen gespenstigen Zug alter Spital-Männer und Weiber wandeln und ihren Kirchgang nach der Frauenkirche halten, dessen Thore sich von selbst öffneten und wieder schlossen. Eine Viertelstunde lang war das Innere des Domes erleuchtet; als aber der erschrockene Meßner mit mehreren Geistlichen herbeieilte, um die Sache zu untersuchen, war in der Kirche nichts zu sehen und zu hören. Die Aufhebung der Stiftung aber unterblieb.


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