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Sagen & Geschichten aus München

Münchner Sagen & Geschichten

Geschichtliches und Sagenhaftes vom Münchner Dom

Die Erbauer

Raff - So lang der alte Peter... (Seite 7)


Vordem, als unser München noch klein war, stand an Stelle des heutigen Domes das bescheidene Liebfrauenkirchlein, nächst der Wieskapelle bei St. Peter das älteste Gotteshaus der Stadt. Trotzdem es im 13. Jahrhundert erweitert worden, bot es der Menge der Andächtigen nicht Raum. Da soll es sich begeben haben, daß einstmals ein blinder Feuerlärm auskam und im Gedräng der Erschrockenen, die eilends den Ausgang gewinnen wollten, eine der schönsten Münchner Jungfrauen zu Tode gedrückt ward.

Das bekümmerte das milde Herz des Herzogs Sigmund, zweitgeborenen Sohnes Albrecht des Dritten. Der lebte still und friedsam auf seinen Schlössern zu Dachau, Menzing und Nannhofen, und — wie die Chronik meldet — : „ihm war wohl mit schönen Frauen und mit weißen Tauben, Pfauen, Meerschweinchen, Vögeln und allerlei seltsamen Tierlein, auch mit Singen und Saitenspiel." — Derselbige Herzog soll in jungen Jahren von großer Liebe für eine bürgerliche Jungfrau — wie einst sein Vater für die Bernauerin — erfüllt gewesen sein und auf jeden fürstlichen Anspruch, der nach seines ältesten Bruders Tod ihm zustand, verzichtet haben, um sie freien zu können. Die Maid aber hatte einem Andern die Hand gereicht; und der Herzog ist Zeit seines Lebens unvermählt geblieben. —

Die so lautenden anmutigen Sagen knüpfen sich an die Überlieferung, nach der Herzog Sigmund, oder Sigismund, der Erbauer des Domes gewesen wäre. Dies konnte er nicht sein schon im Hinblick auf den Stand seines Vermögens, der wohl auch bei seinem Regierungsverzicht mitgewirkt hatte. Da er über seine mancherlei irdischen Neigungen eine große Andacht zu der reinsten Frau im Himmelreich hegte, befürwortete er jedenfalls eifrig das fromme Werk, steuerte auch, gleich dem ganzen Fürstenhaus, von dem Seinigen hinzu und legte, vermutlich in Vertretung eben seines Hauses, mit eigener Hand den Grundstein des neuen Baues am neunten Februar 1468 — „acht tag nach unser Lieben frawen tag je liechtmeß." In der Hauptsache aber ward das Münster durch Bürgerschaft und Geistlichkeit erbaut; den Spenden der Stadt gesellte sich der Schatz der alten Kirche. Neben dieser, der vorherigen Pfarrkirche — das war sie seit 1271 — bestand noch das älteste kleinste Marienkirchl bis zum genannten Jahr 1468 als Begräbniskapelle (St. Michaelskapelle) auf dem Freithof.

Da nun mit dem Abbruch der bisherigen Kirche begonnen ward, halfen Reich und Arm, Edle und Geringe in frommer Demut den Schutt hinwegräumen und das hehre Werk durch Opferspenden fördern. Zum Bauführer ward erkoren der Maurermeister Jörg Ganghofer von Haselbach oder Halspach bei Moosburg, ein Mann, so tüchtig als bescheiden, der, um der großen Aufgabe besser gewachsen zu sein, eine Studienfahrt zu etlichen berühmten Dombauten unternahm, auch später, als ihm Zweifel ob der Führung des Gewölbes aufstiegen, selbst das Hinzuziehen anderer wackerer Meister begehrte. Das waren: Konrad Roritzer von Regensburg, der auch den Bau der Lorenzkirche in Nürnberg geleitet hatte, Mathias von Eichstätt, Moritz Ensinger von Ulm, Michel Sallinger von Pfarrkirchen und Friedrich von Ingolstadt. Da wurde bald Rat für den Dachstuhl, und der Zimmermeister Heinrich oder Heimeran von Straubing vollbrachte das kunstreiche Werk, dazu ein halber Wald geschlagen werden mußte. Darnach aber ging es, wie der starke Herzog Christoph, der Bruder Sigmunds und des regierenden Herzogs Albrecht IV., angeblich zuvorgesagt hätte. Der soll bei der Mär von seines Bruders Sigmund gottgefälliger Meinung vergnügt auf den Boden gestampft und ausgerufen haben: „Recht hat er, der Herr Bruder, aber mit dem Geld wird's was haben." Es war kein Geld nimmer da, und erst eine Ablaßbulle vom Papst Sirtus IV. (1479), die einen großen Zudrang von Gnadesuchenden veranlaßte — hierüber wird ausführlicher zu reden fein — schaffte die Mittel, daß auch das Innere glücklich ausgebaut und der Turmbau in Angriff genommen werden konnte. Wenige Wochen darnach, 1488, starb der Meister Jörg und ward als Erster in seinem vollendeten Werk begraben. Auf seinem Grabstein in der südlichen Frauenturmhalle steht geschrieben:

„Ao. Dom. 1488 an montag nach sant Michelstag starb maister Jörg von Halspach maurer dies Gotzhaus unser lieben frawen, der mit der hilf gotz und seiner hant den erftn den mittln und den löstn stain hat vollfuert an diesem pau. Der lait hie begraben und Margret sein eheliche Hausfrau. Den got genadig sei."

Seitlich der Grabstätte ist auf einem gerahmten Bild-Täflein das ehrwürdige Antlitz Meister Jörgs zu schauen, mit einer Unterschrift, ähnlich der des Grabsteins. Ein gleiches Gemälde gegenüber zeigt den wackeren Zimmermeister, „der in dieser weltberühmten basilica sein Meisterstück dargethan in dem kunstreichen Oberzimmer oder Dach, zu welchem 1400 Flöß, jeder von 15-16 Bäum verwendet worden, nebst Hinterlassung eines zugerichten an ein sicheres orth gehörigen drams oder Balkens, da doch keiner abgehet." Damit soll es sich also verhalten. Nachdem der Meister das Gerüst vollendet und aufgerichtet hatte, nahm er einen Balken heraus und legte denselben auf den Boden hin: Nun solle Einer kommen und ihm sagen, wo dieser Balken fehle oder füglich hingehöre." Auf dem Boden des Dachgerüstes der Kirche ist der Balken annoch zu sehen.

Haben sich ihrer schon Etliche mit dem ledigen Balken gemüht, aber nicht herausgesunden, wo derselbige abgeht. —

Am südlichen Kirchtor, wo die große Sonnenuhr ist, hat Herzog Sigmund seinen eigenen Denkstein setzen lassen. Auf dem Stein ist er kniend vor der Himmelskönigin zu sehen, und ein Spruchband, das sein Haupt umgibt, zeigt die Worte: „Jungfrau, Mutter Christi, erbarme dich meiner!" Die Inschrift unter dem Bilde, lateinisch wie die Schrift des Spruchbandes, preist die Tugenden des Herzogs und die hohe Frömmigkeit, aus der heraus er, einem Gelübde gemäß, den ersten Stein des Tempels der heiligen Jungfrau gelegt habe. —

Die beiden Türme der Liebfrauenkirche, beim Tode ihrer Erbauer nur mit einem Notdach gedeckt, haben wahrscheinlich erst nach 1524 ihre heutige Gestalt erhalten, indem die „welschen Hauben" ihnen aufgesetzt wurden, die zum ursprünglichen Stil freilich nicht passen und die doch Keiner mehr missen möchte. Seine „lieben zwei Spargel" hat Kurfürst Max III. Joseph sie genannt, sogar als „Maßkrüg" hat gelegentlich der Volkswitz sie bezeichnet. Aber wer München kennt und liebt, dem schlägt das Herz hoch, wenn er von irgendwoher kommend am Horizont das Wahrzeichen der Stadt erblickt: die Frauentürm.

 

Literatur


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Geschichtliches und Sagenhaftes vom Münchner Dom
Geschichtliches und Sagenhaftes vom Münchner Dom
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 Herzog SigmundJörg von Halspach

Denkmal an Gerd Müller