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Sagen & Geschichten aus München

Münchner Sagen & Geschichten

Der Marienplatz

Vom Metzgersprung

Raff - So lang der alte Peter... (Seite 47)


Wie der Schäfflertanz, so wird auch ein alter Brauch der Münchner Metzger von der Zeit nach der großen Pest abgeleitet. Nämlich: ehemals, wenn die ausgelernten Lehrbuben des löblichen Metzgerhandwerks in die Gemeinschaft der Gesellen sollten ausgenomme werden, geschah es nach folgendem ergötzlichen Herkommen.

Am Fastnachtsmontag eines jeden Jahres zogen die freizusprechenden Lehrbuben im Geleit sämtlicher Innungsgenossen von ihrer Ladstube im Tal nach St. Peter zu feierlichem Gottesdienst. Alsdann ging der Zug durch die Hauptstraßen der inneren Stadt: Musikanten, die lustig aufspielten, voran, dahinter die auf geschmückten Pferden reitenden Lehrlinge. Jedem Lehrling folgte, gleichfalls zu Pferde, ein Söhnchen eines Metzgermeisters, das der zu Freiende sich als Gevatter oder Paten bei der vorzunehmenden Taufe erbeten hatte. Alle prangten in neuer Festkleidung: rote Jacken und Westen, schwarze Beinkleider, darüber eine reine weiße Schürze, an welcher der blanke Wetzstahl glänzte. Auf den Hüten trugen Lehrlinge und Paten bunte Bänder und farbige Blumensträuße, desgleichen die Metzgerknechte, die, sonntäglich gekleidet und Sträuße in den Händen, Jenen zu Fuße folgten. Darnach kam der Altgeselle mit den Kannen- und Willkommsträgern sowie den Beimeiftern. Die Träger samt dem Altgesellen waren angetan mit langen roten silberbordierten Röcken und ebensolchen Westen; dreieckige Hüte hatten sie auf dem Kopf und um die Schuller ein breites Bandelier mit Degen. Zur Residenz begab sich der Zug, huldigte den von dort herabschauenden Mitgliedern der Herrscherfamilie und bot ihnen den „Willkomm", das ist ein großer Pokal aus vergoldetem Silber. Die Kanne, aus der eingeschenkt wurde, war von demselben Metall und hatte als Griff einen Metzger mit dem Beil. Der Umzug endete in einem Gasthaus auf dem Marienplatz; dort kleideten die Lehrlinge sich um in eine Tracht aus weißen Fellen, die vom Scheitel bis zum Fuß straff anlag und mit Troddeln von vielen Kälberschwänzchen geziert war.

 

Gegen 1 Uhr erschien der Altgeselle mit den Lehrlingen auf dem überm Fischbrunnen errichteten Gerüst. Er neigte sich gegen die Zuschauer, ließ sich roten Wein einschenken und trank auf das Wohl des regierenden Hauses, der Landstände, der Behörden und des Magistrats, der Einwohner Münchens und Bayerns, schließlich aus das Wohl der ehrsamen Metzgerzunft. Darnach begann die Freisprechung der Lehrlinge wie folgt:

A l t g e s e l l: „Wo kommst du her, aus welchem Land?"

L e h r l i n g: „Allhier bin ich ganz wohlbekannt. Allhier hab ich das Metzgerhandwerk aufrichtig und redlich erlernt, eben darum will ich auch ein rechtschaffener Metzgerknecht werden."

Das billigt der Altgeselle ihm zu, mit dem Beifügen: „Du sollst aber getauft werden bei dieser Frist, weil du gerne Fleisch, Bratwürst und Bral ißt. Sag an mir deinen Namen und Stammen, so will ich taufen in Gottes Namen."

L e h r l i n g: „Mit Namen und Stammen heiß ich N. N. in allen Ehren; das Taufen kann mir Niemand wehren."

Der Altgesell meint jedoch: „Das Taufen kann dir Niemand wehren, aber der Namen und Stammen muß verändert werden. Du sollst hinfür heißen Johann Georg Gut, der viel verdient und wenig vertut."
Während dieses Spruches schlägt der Altgesell mit flacher Hand die Lehrlinge mehrmals derb auf die Schulter. Dann mit einem Mal springen alle Jungen jubelnd in den Brunnen, werfen unter die Zuschauer Nüsse, Äpfel und dergleichen aus, um welche die Kinder zumal sich balgen und dafür von den Jungen reichlich mit Waster begossen und angespritzt werden. Unter Geschrei und Gelächter ging der nasse Spaß eine Weile fort, bis die Freigesprochenen ihrem Bad entstiegen. Nun ward jedem ein weißes Tuch um den Hals gebunden, und jeder mit einem blauen Bande geschmückt, an dem silberne und vergoldete Schaumünzen hingen, als Patengeschenke ihrer kleinen Gevattern oder Andenken ihrer sonstigen Freunde und Verwandten. Vom selben Augenblick an waren die Lehrbuben freie und ehrsame Metzgersknechte geworden, gehörten zur Zunft und durften bei Festen und Gelagen mit ehrbaren Mädchen tanzen.

Sobald die Freigesprochenen umgekleidet waren, ging der Zug in die Herberge zurück, wo alsdann der Rest des Faschingsmontags sowie der Faschingsdienstag in fröhlichem Saus und Braus hingebracht ward. Erst der Aschermittwoch beendete dies alljährliche Fest der Münchner Metzger.


I.M. Mayer Kgl. Hofsattler und Kutschenfabrikant