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Sagen & Geschichten aus München

Münchner Sagen & Geschichten

Ein schöner Lopspruch und Beschreibung von der fürstlichen Hauptstadt München

Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)


gestellt durch Thomas Greill von Steinfeld Carinthium.

(Gedicht beiläufig aus dem Jahre 1620.)

Als mancher im Land thut wandern
von einer Stadt zur andern,
ohngefähr kam ich ins Bayerland,
welches mir war gar unbekannt.
In dem war mancher dicker Wald,
in ein'm ich mich verirret bald,
dann es war so ein dunkle Nacht,
daß es mir schier ein Grausen macht.
Im Wald da ging ich auf und nieder,
kein Straß kunnt ich sinden wieder,
kam letztlich zu eim Haus ohngefär,
darin wohnt ein alter Einsiedler.
Ich klopfte fein leise an,
gar bald der Alt thät herfür gahn.

Ich bat fleißig den alten Mann,
daß er mich über Nacht wollt han.
Er sprach zu mir: von Herzen gern
will ich dich deiner Bitt gewähr'n.
Wir zween thäten da verzehrn
die Nacht, bis es gar Tag that wer'n.
Red'ten von Sachen hin und wieder,
von der Welt Lauf auf und nieder,
wie die war in einer Summen
in ein so seltsam Ordnung kummen.
In unsern Reden hin und her
brach es der helle Tag daher.
Indem da thät ich schnell aufstohn,
wollt wiederum ziehen davon,
danket dem Einsiedel fleißiglich
umb sein Herberg, wie billig.
Er sprach: laß dich nicht reuen die Müh,
sondern thu verziehen allhie,
bis ich mein Gebet hab gethan,
nach dem so will ich mit dir gahn,
und das Geleitsrecht geben dir,
bis du kommst aus dem Wald herfür.
Im Wald sagten wir von viel Dingen.
Indem hörten wir gar hell klingen
ein überaus schönes Geläut, .
welches man hörte gar weit.
In unsern Reden sahen wir bad
eine schöne Stadt, gar wohl gestalt.
Ich bat den Einsiedel fleißiglich,
wofern es ihm wäre wißlich,
mir zu sagen, wie die Stadt war genannt,
und wie herum heißt dieses Land.
Er sprach: das Land heißt man durchaus
das Bayrland, ein sehr festes Haus,
und die Stadt wird München genennt,
welche man sehr weit und breit kennt.
Darin ein frommer Fürst regiert,
mächtig und streng er gubernirt
in christlicher wahrer Religion,
seinsgleichen man kaum finden konn.
Eine schöne Kirchen ließ er schnell
bauen in der Ehr St. Michael.
Diese Kirchen ist schön geziert,
mit Silber und Gold renoviert,
auch hat sie der Altär wohl neun,
in der Ehr der neun Chör Engelein.
Zu Mitten in dem Chor nit schmal,
da liegt begraben sein Gemahl,
Renata Herzogin ward sie genannt,
und Arm und Reich wohl bekannt.
Bei ihrem Grab da stehet man
ein glockenspeisen Englein stah'n;
derselbig thut heben allein
ein ausgehallten schwarzen Stein,
darin ein Beck von Silber gut,
darein man das Weihwasser gießen thut.
So ist die Kirchen durchaus fein
gepflastert mit Marmorstein.
Neben der Kirchen man auch sicht
ein schön und gewaltigen Bau aufgricht,
Herzog Wilhelm hat ihn bauen lassen,
der ist sehr schön über die Maßen,
darin er selber Hof thut halten,
ordentlich alle Ding verwalten.
Er ist ein Fürst, wie man ihn begehrt.
Krank' und arme Leut er verehrt
täglich mit Kleid, Speis und Trank,
dafür ihm Manches sagt großen Dank.
Nit weit von München der Hauptstadt
Ihr Durchlaucht bauen lassen hat
in ein Holz bei Schleißheim
genannt, jedermänniglich wohl bekannt,
neun schöne Kirchen gar hübsch und fein,
bei einer jeden ein Klausner thut seyn,
die da Tag und Nacht dienen Gott
Sommer und Winter früh und spat.
Jeder Klausner hat bei seiner Zell
ein Gärtel, drein baut er was er wöll,
Blumen und viel andere Sachen,
damit sie ihm die Weil kurz machen.
Auch sieht man in dem Holz gar hell
entspringen die schönste Wasserquell.
Sein Sohn Herzog Maximilian,
der jetzt regiert, sag' ich dir an,
der ist ein Fürst gar fromm und fein,
tapfer, thut auch kurzweilig seyn.
Dieser hat ihm auch bauen lassen
ein'n schön Pallast über die Maßen,
drin er selber Hof thut halten
ordentlich alle Ding verwalten. —
Da ich nun in die Stadt thät kommen,
Hab ich von einem Burger vernommen
derselb mir alles saget fein,
was in der ganzen Stadt thät seyn.
Sprach: es ist ein schön katholische Stadt,
zwölf schöne Kirchen es darinnen hat.
So hat's der Thurm insonderheit
zween, seind dick, groß, man sieht sie weit.
Nun ist aber ein Thurm darunter,
an dem kann Ainer sehen Wunder.
Den Meister soll man billig loben,
spitzig ist er unten und oben,
rührt weder Erd noch Himmel an,
thut dannoch unbeweglich stah'n. *)
Sammt den zwölf Kirchen noch, dabei
stehet man auch fünf Klöster frei,
zwei Mönch-, drei Frauenklöster daneben.
Eines ist ganz verschlossen eben.
Die Kapuziner jetzt auch haben
ein Kloster da bei dem Städtgraben;
Herzog Wilhelm hat's lassen bauen,
welches gar wohl ist zu schauen.
Er sagt mir auch da wohl besunnen,
die Stadt hab 36 Schöpfbrunnen,
welche da frei seind alle Tag,
davon Jedermann schöpfen mag.
Auch sieht man in der Stadt rinnen
Tag und Nacht 18 Rohrbrünnen.
Ein schöner Brunen darunter, wißt,
aus allen andern der schönste ist;
zu oberst ein Ritter schön und jung
thut mit seinem Roß einen Sprung,
aus seinem Helm springen gar hoch
siebzehn Röhren, daß ainer mag zählen noch.
Herum auch die Heidengötter sitzen,
die alle Wasser von sich spritzen.
Aber in einer Summ' allein
Hat der Brunn 152 Röhrlein.
Ihr Durchlaucht Herzog Ferdinand
Hat ihn machen lassen zu Hand.*)
Wir ließen diesen Brunnen stah'n,
und thäten in die Kirchen gah'n.
Da ward' ich meine Wunder sehen
der großen Mirakul, so da geschehen
bei Bischof Benno den heiligen Mann,
den man da nit gnug loben kann
täglich mit Beten und auch Singen.
Etlich Zentner Kerzen da brinnen,
ein großes Gut thut da hin kommen
von Wachs und Geld auch in der Sommen,
davon man ihm hat bauen lassen
ein schön Pallast über die Maßen.
Da stehn große wächsene Bild,
auch große Herrn mit ihrem Schild.
In dieser Kirchen ist er blieben
wohl etliche Jahr lang verschwiegen.
Jetzt ist es kommen an den Tag,
was er für groß Wunder vermag.
Wir ließen diesen Heiligen stah'n,
und thäten weiter herumb gah'n.
Im Gehen sagt er mir auch borten,
die Stadt München habe sieben Porten,
erstlich vier große Hauptthor allein,
und dazu drei kleine Thörlein.
Zwei Ringmauern sind umb die Stadt,
zwischen denen es ein Zwinger hat,
darin man alle Jahr pflegt zu gah'n
in Fronleichnams Prozession.
An den zwo Ringmauern thut man sehen
der Thürm einhundert und achtzehen.
Auch ist diese Stadt rund umgeben
gar tief mit einem Wassergräben.
Ich sollt dir sagen noch das Best,
das Schloß heißt man die neue Vest,
dieß ist viel schöner Zimmer voll,
wie die ein Fürst auch haben soll.
So rinnet auch um dieses Schloß
ein tiefer Wassergraben groß,
überlegt mit einer Schlagbrucken,
wann's Nacht ist, thut man sie anzucken.
So hat er auch, sag ich fürwahr,
der Löwen wild etliche dar,
die man sonst in Afrika findt,
dieselben laßt er holen geschwind.
Die Iser rinnt hin für der Stadt,
deß die Burgerschaft großen Nutzen hat.
Dieses Wasser treibt für und für
Dreizehn Mühlen, das sag ich dir,
Dazu auch fünf Schiffmühlen rund,
drei Hammer klopfen schier all Stund
Kupfer; auch viel ander Sachen
thut man auf diesen Hämmern machen.
In der Stadt ist viel zu bekummen,
was Eins will haben in einer Summen,
dann es ist so ein weite Stadt,
die sieben und fünfzig große Gassen hat,
darin man kann zu allen Zeiten
mit Lust fahren und auch reiten.
Deren andern wären zu zeigen an
gar viel, die ich nit all nennen kann.
Auch kann ich sagen, daß's in der Stadt
zwei und vierzig Weinhäuser hat,
vierzehn thut der Methschenken fem,
die das süße Trank sieden fein*),
darzu zwei und siebenzig Bierbrauer
die sieden gut Bier, wie fert auch heuer,
dazu noch zwei und sechzig Bäcken
die bachen gut Brod, Semmel und Wecken,
Vergessen hätt' ich schier noch eins,
welches denn noch auch ist kein kleins,
datz's da zwölf offne Bad thut han,
darin man sich kann putzen lan.
Darumb sag ich zu aller Zeit,
welcher da herumb zeucht so weit,
der soll zu München auch einkehren,
Da wird er gehalten in guten Ehren.



*) Der spitzige Thurm im alten Hof; für München ein Wahrzeichen, wie der Stock am Eisen in Wien.

*) Wohin mag wohl dieser Brunnen gekommen sein? Auf den Brunnen in der Residenz paßt obige Beschreibung nicht.

*) Es muß also damals noch sehr viel Wein in München getrunken worden sein. Von Kaffee und Kaffeehäusern ließ man sich noch nichts träumen.


125 Jahre Friedensengel