Alte Quellen

Preysing-Palais


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Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (253)
Jahr 1914
Straße Residenzstraße

Preysing-Palais, Residenzstr. 37. Erbaut 1720—25 von Effner (der einzige Privat bau, der als Werk Effners sicher nachgewiesen werden kann). Das Gebäude, nach 3 Seiten frei, stieß ursprünglich da, wo sich jetzt die Feldherrnhalle an ihm anlehnt, an ältere Wohngebäude an und gibt — wohl erhalten — noch jetzt der Stadt in jener Gegend die Signatur, doppelt wirksam, weil der reiche Stil seiner Fassadendekoration als Folie den etwas düstern Ernst der Residenz neben sich hat. „Ein Prachtwerk, an dem die wundervolle Rhythmik der Dekoration und die korrekte Verteilung der Haupt- und Nebenmotive gleich bewundernswert sind [W 54]“, bedeutet das Palais in seiner Außenseite einen ganz andern Typus von Palästen, als ihn die italienischen „muratori“ bisher in München geschaffen hatten. Bei aller ornamentalen Freiheit ist seine Gesamthaltung von großer Würde und Vornehmheit.

Die Fassade breitet sich in 9 Fensterachsen aus, und diese sind so behandelt, daß eine entschiedene Mitte herausgebildet ist — jedoch nicht im Grundriß, sondern nur dem äußern Eindruck nach; und zwar heben sich die 3 mittlem Felder dadurch heraus, daß sie mit einem eigenen Dreieckgiebel mit dem bayerischen Wappen (der Eigentümer Graf Maximilian von Preysing war kurfürstlicher bayerischer Oberstjägermeister) gekrönt sind, daß außerdem das ganze Mittelstück etwas aus dem Wandniveau vorgerückt erscheint und jenes überdies in rationellem Sinn gegliedert ist durch vier hermenartig sich verjüngende korinthisierende Pilaster. Dieselbe Felder-Dreizahl wiederholt sich links und rechts vom Mittelrisalit ; oben schließt sich — mehr eine Spielform — ein (3.) Halbgeschoß an, und das Erdgeschoß ist — in entschiedenem Kontrast zu den obern Fensterfolgen — sockelmäßig in Rustika behandelt. Der Rhythmus der horizontalen Dreiteilung wird verstärkt durch die abwechslungsreiche Behandlung der Fensterdekoration: die spitzzulaufende, in abwärts gehende Kurven geführte Fenstergiebelverdachung des 1. Geschosses wiederholen sich in wohlerwogenem Plan im Mitteltrakt des 2. Geschosses, so daß der Blick gezwungen ist, eine Höhenbewegung nach der Mitte zu auszuführen: zur Vorbereitung auf jenen noch weiter oben folgenden stärksten plastischen Akzent der Kapitelle der 4 Pilaster und des krönenden großen, mit Plastik ausgesetzten Giebels. Die Erdgeschoßfenster sind gedeckt mit geschweiften Segmentbögen ; darüber ein einfaches durchgehendes Gesims — das einzige an der ganzen Fassade —, auf das sich, mittelst Konsolen, das Fenstergebälk des 1. Geschosses stützt. Dieses Gebälk besteht, gleich jenem im 2. Geschoß, aus Volutenpilastern mit geradem Sturz mit Stuckmaskarons darüber; doch zeigt die Fensterbedachung der Seitentrakte im 2. Geschosse im Gegensatz zu jener im 1. Geschosse ein einfaches Kreissegment, während hingegen die 3 großen Fenster im Mittelrisalit eine halbkreisförmige Bogenumrahmung auf weisen, ausgezeichnet durch reiche Stucktrophäen. Das- Hauptportal (an der Residenzstraße), von 2 kleinern Türen flankiert, trägt auf 2 toskanischen Säulen einen Balkon mit zierlichem schmiedeeisernem Gitter.

Die Westfassade (an der Theatiner Straße) gleicht im wesentlichen der Hauptfassade; jedoch sind hier die Pilaster durch ornamentierte Lisenen ersetzt, an Stelle des Portals ist ein einfaches Blendportal mit Rustikapilastern angelegt, der Giebel des Mittelrisalites ist rundbogig und die—gleichfalls etwas einfachere—Stuckatur zeigt fast ausschließlich bloßes Zweig- und Gitterornament. Die eminent kunstgeschichtliche Bedeutung des Gebäudes aber ist darin begründet, daß es für München und überhaupt für Süddeutschland der Ausgangspunkt ist für ein ganz, neues System der Fassadendekoration. Man kann in der Architektur sprechen von Stilen, die, wie vor allem das Rokoko, viel Licht brauchen und infolgedessen etwas „Sommerliches'1 haben und dazu gehört entschieden dieses Bauwesen; allein das Einzigartige in diesem Werk des Deutschen Effner war, daß er jene Schmuckformen, die sonst ausschließlich dem Innern Vorbehalten blieben, an das Aeußere herausgezogen hat, so daß die Mauer förmlich zu „blühen“ anfängt. Wohl ist die Grundlage der Effnerschen Ornamentierung der Stil des Pariser „Regence“, wie ihn etwa Robert de Cotte, Marot und Berain angewandt haben;, aber man glaube ja nicht, daß man — weil man den Rokokostil als einen französischen kennt, in Paris irgend etwas finden würde, was mit uuserm Preysing-Palais irgend eine Verwandtschaft aufweisen könnte; es-gibt dort gar nichts, was sich unserm Bauwerk auch nur von feme an die Seite stellen dürfte. „Seine nächsten Verwandten stehen wohl in Wien (Architekt Fischer), wo durch die italienische Stukkaturkunst in ähnlicher Weise (wie in München seit Ferd. Maria) für diesen ganz selbständigen Zweig des französischen Rokoko der Boden vorbereitet war; das unbekümmerte Umformen aber tektonischer Glieder (wie der Pilaster, Fensterrahmen, Gesimse u. s. w.) zu geistreich spielenden Dekorationselementen ist deutsch, speziell süddeutsch [BAJ 159]“ 1).

Das Köstlichste und Beste an Feinheit der Stuckdekoration zeigt das Treppenhaus, der einzige Raum außer einem Zimmer mit Silberornamenten, der von der ehemals reichen Innenausstattung übrig geblieben ist* 2). Es ist leicht, Gewählteres, Delikateres zu zeichnen und zu modellieren, als hier gegeben ist, allein jenes ausgesprochen Blumenhafte, das die Fassade in heitrer Kraft ausatmet und ebenso im Treppenhaus zarte Blüten treibt, ist ureigenste süddeutsche Art, bis dahin unerreicht in Italien und selbst in Frankreich. — Jetziger Besitzer des Palastes ist die Gesellschaft „Klubhaus Preysing-Palais“, die ihn auf Anregung des Prinzen Ruprecht 1911 ankaufte und die Räumlichkeiten, in denen bis dahin seit 1835 di& „Versicherungsabteilung der bayer. Hypothek- und Wechselbank“ untergebracht war, durch Gabriel Seidl adaptieren ließ [BAJ, KB],

 

1) Nicht zu verkennen ist freilich, daß mit dieser Umformmig eine beträchtliche Vergröberung der Formen Hand in Hand geht: der kräftige Oberbayer kann es an Raffinement und Zierlichkeit mit den spitzen Höflingsfingern seiner französischen Kollegen nicht aufnehmen; aber mau war hier in München schon in der italienischen Periode an recht grobe Kost in den Details gewöhnt, so zwar, daß Effners Bau jener gegenüber sogar eine beträchtliche Verfeinerung bedeutete — übrigens wird man bei später entstandenen Fassaden ganz allgemein in München auch in dieser Hinsicht einen Fortschritt konstatieren können, zumal seit sich auch Cu- villies am Privatbau beteiligt hatte [BAJ 1. c.]. 2) Die Treppe selbst ist in italienischer Weise

2) Die Treppe selbst ist in italienischer Weise von einem Podest aus in 2 Arme geteilt, wie die zu Schleißheim — während die französischen Palais dieser Zeit die mehrfach gebrochene einarmige Stiege fast ausschließlich anwenden.


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{Karl Stankewitz}