Alte Quellen

Universität


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Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (345)
Jahr 1914
Straße Ludwigsstraße 17

Universität. Ludwigsstr. 17. „Königl. Ludwigs-Maximilians-Universität“, gegründet 1472 in Ingolstadt von Herzog Ludwig dem Reichen (Bayern-Landshut), 1800 von Kurf. Max Joseph (König Max I.) nach Landshut, und 1826 von Ludwig I. nach München verlegt; hier war sie bis zur Errichtung des Gebäudes durch Gärtner (1835—40) vorläufig in der Alten Akademie (Jesuitenkolleg) untergebracht. Der vom Architekten in Gestalt eines rechtwinkligen Hufeisens entworfene Plan erhielt die Genehmigung des Königs nur unter der Bedingung, daß der Nordflügel nicht der schrägen Richtung der Adalbertstraße folgen dürfe, sondern streng-rechtwinklig angelegt würde; ferner wurde auf des Königs Befehl eine durchbrochene Galerie aus Kalkstein ums Dach gelegt (um die durch die Ziegelbedachung bedingte Höhe des Dachstuhls für das Auge zu mindern), später jedoch durch eine Attika ersetzt.

I. Alter Bau an der Ludwigsstrafse in den damals üblichen romanischen Stilformen, mit einer 124 m langen Hauptfassade und schön gekuppelten Rundbogenfenster; in deren Maßwerk 44 (vom König persönlich ausgewählte) Medaillonreliefs von um diese bayerische Universität verdienten Professoren (von Sanguinetti) angebracht sind. Die gewaltige Entwicklung der Universität — die Zahl der Studierenden (7500) verdoppelte sich in den letzten 25 Jahren — forderte eine Erweiterung. Die Vergrößerung an der Adalbertstraße 1897/98 half nur vorübergehend.

So kam der II. Erweiterungsbau an der Amalienstrafse, errichtet 1906/09 unter der Oberleitung des Ministerialrates L. von Stempel vom Arch. Prof. Dr. G. Resteimeyer. Weil die beiden (Ludwig- und Amalien-)Straßen nicht völlig parallel laufen, mußte gerade im repräsentativsten Hauptteil des Ganzen, in der großen Zentralhalle eine leichte Knickung der Achsenlinie vorgenommen werden, und zwar auf dem ersten Absatz der Haupttreppe — was jedoch selbst der Kundige wohl kaum auf den ersten Augenblick bemerkt. Noch schwieriger war es, die Architektur so einzurichten, daß der neue Trakt die Dominanz des Gärtnerschen nicht beeinträchtige, sondern sich ihm anbequeme und doch zugleich ein neuzeitlich Selbständiges darstelle. Von der Amalienstraße aus wirkt die 90 m lange, leicht romani- sierende Front mit ihrem 15 m tiefen Forum und den bis an die Straße vorspringenden Flügeln echt monumental: Erdgeschoß in grauem Stein, die Mitte durch eine Bogenhalle mit schlanken eckigen, und mit Wasserschlägen gegliederten Pfeilern markiert, die Bogen selbst von einem ornamentalen Wulst überspannt, die breiten Fenster im Erd- und obersten Geschoß rundbogig, im Mittelgeschoß rechteckig, Dachgesims mit einfachen Kragkonsolen und der ihm aufgelegten kleinen Balustrade in ruhiger Horizontale verlaufend. Die Fassade selbst wurde, gleich jener im Altbau, verputzt und Haustein nur spärlich verwendet.

Plastischer Fassadenschmuck: zwischen den Fenstern die Personifizierung der Fakultäten durch die Statuen (von Bildhauer Floßmann) des St. Augustin, Papias, Solon, Hippokrates, Aristoteles und Archimedes; zwischen den beiden Geschossen in Belief (von Gg. Albertshofer) die Jugendideale wie Stärke, Lebensfreude, Weisheit, Mut u. s. w.; die Halbfiguren der 4 Menschenalter und 4 Elemente an den Seitenflügeln von J. Seidler) gleich den dortigen in Haustein ausgeführten Partien aus grauer Nagelfluh.

Im Forum vor der Front 2 gewaltige Granitmonolithe (einst für die Befreiungshalle in Kelheim bestimmt) mit den Erzfiguren der Allegorien der ,.Wahrheit“ und des „Sieges“, entworfen von Hahn, gegossen von Bupp. Von der siebenbogigen Vorhalle Eintritt in das Vestibül durch 3 Portale, von denen das mittlere im Tympanon die Keiterfigur Herzogs Ludwigs des Beichen von Bayern-Landshut zeigt (von E. Pfeifer). Im Vestibül selbst Säulen aus Veroneser Marmor. Von hier zur imposanten Zentral- oder Wandelhalle, die jetzt als Mittelpunkt die ganze Anlage beherrscht und den Uebergang vom neuen zum alten Bau vermittelt. Kühn und luftig spannen sich die achteckig kassettierten Tonnengewölbe und fließen in den Zwickeln zur prächtigen Kuppel zusammen. Auf 3 Seiten wird dieser prächtige Baum von doppelgeschossigen Galerien umschlossen; über dem verbindenden Mittelbogen zum alten Bau die Allegorien der 4 Fakultäten in Mosaik (von Dietz), Galerien selbst im Erdgeschoß von Pfeilern und im Obergeschoß von Säulen aus farbigem Marmor getragen, mit köstlichen frühromanischen Kapitellen aus Sterzinger und Laaser Marmor und in Form von Würfeln, Trapezen und Körben (von Alois Müler). Wie der Marmor, so der graugrüne Cipolino aus der Schweiz, der Pavonazzo, der Pyrenäer, Treuchtlinger, Sienenser, Adneteru. s. w. die Wände und Wangen der Granittreppen verkleidet und Türen umrahmt, so fungiert vergoldetes Erz für Fensterdurchbrüche, als Türbelag u. s f.; matt und glänzend poliert tritt es uns je nachdem in wuchtigem Ernst oder in zierlichem spitzenartigem Durchbruch entgegen. Ihm gesellt sich das Eisen als Treppengeländer u. dgl.

Auf den Wangenpostamenten der Haupttreppe die sitzenden Kolossalstatuen König Ludwigs I. und des Prinzregenten Luitpold in Carraramarmor (von Blecker und Ackerberg) zum Gedächtnis der beiden Regenten, unter denen der Alt- bezw. Neubau entstanden. An der Wand die Gedächtnistafeln für die 1870/71 gefallenen Studenten. Gegenüber am dreiteiligen Bogenfenster (überm Auditorium Maximum) die „Patrona Bavariae“ des Universitätssiegels. In den Fenstern der seitlichen Umgänge Glasgemälde, entworfen von Huber- Feldkirch: die 4 bayerischen Volksstämme sowie die Symbole der Städte Ingolstadt und Landshut. Die figuralen Einlagen im hübschen Mosaikfußboden, ebenso die schönen Glasstiftmosaiken an den Wandbrunnen sind entworfen von Koppen, die gemalten Einsatzscheiben mit den Wappenschilden der Städte Ingolstadt, Landshut und München von Faul Neu. Aus der Vorhalle bezw. Wandelhalle leiten 2 seitliche Treppenhäuser mit eleganten Gewölben zu den Obergeschossen empor; die vom Erdgeschoß bis zum Dach reichenden Rundpfeiler sind aus Veroneser Marmor.

Zwischen Vorhalle und Wandelhalle das Auditorium Maximum, „ein genial konstruierter Raum“ mit einem Mosaik von Dietz außen über dem Haupteingang: eine Frau (Wissenschaft), goldenen Samen streuend. Eine flachgewölbte Tonnendecke mit Durchbrechung für Oberlicht überspannt den 23 m langen, 21 m breiten und 13 m hohen Saal, dessen 800 Sitzplätze amphitheatralisch ansteigen. Die Erweiterung schuf noch weitere 30 Hörsäle mit rund 4500 Plätzen und 12 Seminarräume. Sämtliche Räume besitzen laufendes Wasser. Rektorats- und Senats- zimmer. Zutritt zu ersterm durch ein Vorzimmer: Gewölbe kassettiert, Wände weiß gestrichen und mit geräuchertem Eichenholz niedrig vertäfelt; einziger Wandschmuck alte Oelgemälde. Rektoratszimmer selbst mit rotem Seidenstoff bespannt; in den abgerundeten Ecken schwarz polierte Glasschränke, die zusammen mit den dunklen Wandleisten und dem Paneel einen wohltuenden Gegensatz zur reichen Stuckdecke bringen. Möbel dunkel poliert und mit grauen Saffian überzogen; Marmorkamin mit eingelassenem Spiegel; traubenförmiger schwerer Lüster. Seiteneingang zum Senatzimmer von 2 jonischen Säulen aus Schweizer Cipolino flankiert, deren weiches Graugrün zwischen dem Weiß der Türen, dem Rot der Wandbespannung und des Fußbodenbelages vermittelt und zu der strengen grauen Farbenstimmung des anstoßenden Senatszimmers überleitet.

Große Aula (Aula Maxima); ein schwieriger Umbau aus der alten Aula, Die Erweiterung geschah durch Anbau eines Seitenschiffes, einer Galerie und der 6 m tiefen halbkreisförmigen Apsis mit der Exedra für den Rektor und dem Gestühl des Professorenkollegiums. Zugang durch 3 schwere Steinportale, über deren mittlerem der Kopf der Pallas Athene (von Cr. Albertshofer). Tonangebend für das Raumbild ist die Linienführung der Galeriebrüstung, deren rückwärtige Abrundung sich im Bogenschwung der Apsis fortsetzt; Hauptschmuck der Brüstung die Symbole der 12 wichtigsten Städte des Altertums; die Bogenkämpfer der Galerie ruhen auf schwarzen Granitpfeilern, die auf ihren Vorderseiten die von U. Janssen modellierten Gestalten des Prometheus und Herkules zeigen. Ueber den ganzen Raum legt sich als zusammenfassendes Element eine grau getönte, schwer kassettierte und mit goldenen Sternen ausgelegte Holzdecke mit einem zu den Wänden überleitenden Fries. Im Gegensatz zur kalten Farbenstimmung des Raumes oberhalb der Galerien vereinigt sich in der untern Hälfte das warme Licht der aus Onyxplatten gebildeten Fenster mit dem Weiß und Gold der Deckenuntersicht und dem graugrünen Stucklustro der Wände zu einem freundlichen Farbenbild, das durch das Holzmosaik des Fußbodens noch gesteigert wird. Hauptschmuck des Raumes das von W. Koppen entworfene Kolossalmosaik in der Apsis: der Sonnengott Helios, auf seinem von 4 weißen Rossen gezogenen Wagen emporsteigend; zu seiten die Allegorien der Wahrheit. Weisheit, Kraft und Schönheit.

Ueber den Sitzen des Kollegiums die Büste des Regenten und der 4 bayerischen Könige (von Alois Stehle).

Die Kosten des Neubaues betrugen 2 788000 Mk., jene der innern Einrichtung 450000 Mk., des Umbaues 896000 Mk. Ferner wurden in den letzten Jahren 10 baulich abgesonderte Institute, einschließlich der Kliniken (psychiatrische Klinik, Augenklinik, Anatomie und Poliklinik) neu errichtet und andere alte vergrößert: Für die bisher genannten Universitätsneubauten und Umbauten wurde vom Landtag die namhafte Summe von 11690000 Mk. aufgewendet, worin die Kosten für Bauplatzerwerbung nicht inbegriffen sind. Im 2. Stock Universitätsbibliothek mit ca. 400000 Bänden (Grundstock aus dem 16. Jahrh.), vielen alten Drucken namentlich aus der Säkularisationszeit, einer Handschriftensammlung mit über 2000 Nummern. Nebenan 2 Lesesäle, ihnen gegenüber ein Zeitungssaal mit daranstoßendem Zeitschriftensaal [BAJ 463 u. 508; SB 10, 29; JW].


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{Karl Stankewitz}