Kunst & Kultur

Name Maria Luiko, Trauernde, 1938
Kunstaktion Past statements
Stadtbezirk 3. Maxvorstadt
Stadtbezirksteil Königsplatz
Straße Elisenstraße
Objekt Alter Botanischer Garten
Übergabe 19.9.2022
Künstler:innen Melián Michaela
Rubrik Kunstwerk 
Temporär 19.09.2022 - 18.11.2022

Pressemeldung

Kunstinstallation schwer beschädigt
Alter Botanischer Garten
01.11.2022 - Süddeutsche Zeitung
Maria Luiko, Trauernde, 1938
© Gerhard Willhalm, Maria Luiko, Trauernde, 1938, CC BY-NC 4.0

   

 

Der Alte Botanische Garten wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von Friedrich Ludwig von Sckell angelegt. Seit 1854 stand hier der Münchner Glaspalast, in dem unzählige wichtige Ausstellungen zeitgenössischer Kunst stattgefunden
haben. 1931 brannte der Glaspalast ab.

1935 wurden der Bildhauer Joseph Wackerle und der Architekt Oswald Bieber, beides Künstler aus Adolf Hitlers „Gottbegnadeten-Liste“, von den Nationalsozialisten beauftragt, den Alten BotanischenjGarten umzugestalten. Die von Wackerle und Bieber durchgeführten Baumaßnahmen hatten sichtbar das Ziel, einen Ort in der Münchner Innenstadt, der vormals für die Bürger als Erholungs-, Bildungs- und Kulturort gestaltet war und mit dem Glaspalast den damalig wichtigsten Münchner Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst beheimatete, in einen von der nationalsozialistischen Ideologie geprägten Ort mit Anschluß an das NS^Parteienviertel an der Arcisstraße, Briennerstaße und Königsplatz zu verwandeln.

Seit der Renaissance ist ein Neptun-Standbild ein beliebtes Motiv für Prachtbrunnen. Als Vorbild für den Münchner Brunnen fungierte der Neptunbrunnen in Florenz, der Fontana del Nettuno vor dem Palazzo Vecchio, bei dem die Figur des Neptun zum Symbol eines zeitgenössischen und irdischen
Herrschers wird.

Der Neptunbrunnen von Wackerle und Bieber ist formal an der Mittelachse des Münchner Justizpalastes ausrichtet, wo in der Zeit des Nationalsozialismus unzählige politisch motivierte Gerichtsverfahren stattfanden, in denen die aus ideologischen Gründen Angeklagten zu Berufsverboten, Konzentrationslager oder Todesstrafen verurteilt wurden.

Für die Reihe past statements. Denkmäler in der Diskussion, veranstaltet vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München, wird die monströse Neptunfigur temporär mit einer Plane verhüllt. Umlaufend ist die Plane mit dem Motiv eines Handdrucks der Münchner Künstlerin Maria Luiko bedruckt.

Der Holzschnitt mit dem Titel Trauernde von 1938 zeigt einen mit einem Tuch verhüllten Kopf. Einziger Hinweis auf den Körper einer anonymen trauernden Frau sind Hände, die das Tuch halten und eine angedeutete Bluse mit Blumenmuster.

Die Künstlerin Maria Luiko schuf diesen Probedruck Nr. 1 der Trauernden im Jahr 1938, ein Jahr nachdem der Neptunbrunnen von Wackerle und Bieber an dem Ort realisiert worden war, an dem Maria Luiko zwischen 1924 und 1931 im Glaspalast regelmäßig ihre Bilder ausstellen konnte. Zum selben Zeitpunkt aber war es Maria Luiko als deutscher Jüdin nur noch äußerst eingeschränkt erlaubt ihren künstlerischen Aktivitäten nachzugehen (nämlich nur noch im Rahmen des Jüdischen Kulturbunds). Der Standort des Jüdischen Kulturbunds am Promenadeplatz 12 in München befand sich in unmittelbarerer Nähe zum Alten Botanischen Garten.

Ein Projekt der Reihe past statements. Denkmäler in der Diskussion, eine Kooperation zwischen Public Art München und dem Institut für Stadtgeschichte und Erinnerungskultur am Kulturreferat.
publicartmuenchen.de

Maria Luiko wurde 1904 als Marie Luise Kohn in München geboren. Sie studierte von 1923 bis 1928 an der Akademie der Bildenden Künste München und parallel an der Münchner Kunstgewerbeschule. Nach ihrem Studium war Kohn, die den Künstlernamen Maria Luiko gewählt hatte, mit ihren Zeichnungen, Aquarellen und Ölbildern sowie Scherenschnitten, Lithographien, Holzschnitten und Linoldrucken als Künstlerin sehr aktiv, ihre Arbeiten wurden in wichtigen Gruppenausstellungen in Galerien und 1931 sogar in New York und Denver/Colorado gezeigt.

Memory Loops, Tonspur #202
Diese Tonspur liegt auf der gezeichneten Stadtkarte im Internet an der Loristraße 7. dem Wohnort der Familie Kohn, der Blutenburgstraße 12. dem Atelier von Maria Luiko und am Promenadeplatz 12, der Adresse des Jüdischen Kulturbunds in München.
memoryloops.net

Gestaltung: Anna Lena von Helldorff

Nach 1933 wurde Kohn, die Mitglied mehrerer Künstlervereinigungen war aus dem Reichsverband bildender Künstler ausgeschlossen, was einem Berufsverbot gleichkam und durfte ihren Künstlernamen Maria Luiko nicht mehr führen. Der Großhandel der Eltern musste 1938 eingestellt werden und wurde enteignet. Nachdem alle Versuche der Familie, Deutschland zu verlassen, gescheitert waren, wurden Marie Luise (Maria Luiko), Elisabeth und ihre Mutter Olga Kohn im November 1941 mit fast 1000 weiteren als Juden verfolgten Personen von der Gestapo vom Güterbahnhof Milbertshofen nach Kaunas in Litauen verschleppt und dort nur wenige Tage nach ihrer Ankunft am 25. November von der SS und ihren Helfershelfern ermordet.

Quelle: Infotafel vor Ort

Weitere Bilder

Melián Michaela - Maria Luiko, Trauernde, 1938

Maria Luiko, Trauernde, 1938