Rambaldi(1894) - Rumfordstraße

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 555. Rumfordstraße.Verbindet die Müllerstraße beim Einlaß mit dem Isathorplatz und dem Anfang der Zweibrückenstraße. Zur Ehrung des Generallieutenants und Philanthropen Benjamin Tompson Grafen voll Rumford. *) Von dürftigen Eltern zu Rumford, einem Flecken in Massachusetts in den Vereinigten Staaten Nordamerikas am 26 März 1753 geboren, beim Ausbruche des Freiheitskrieges im englischen Dienste Obrist eines von ihm errichteten leichten Reiter-Korps, wurde er nach beendetem Kriege bei feiner Ankunft in London vom König zum Ritter ernannt. Von dem kurpfälzischen Gesandten Sigmund Graf von Haßlang am Hofe zu London dem Kurfürsten Karl Theodor empfohlen, kam Ritter Tompson 1784 nach München, Wurde Anfangs Gesellschafts-Kavalier des jungen Fürsten Bretzenheim, eines natürlichen Sohnes des Kurfürsten, dann Kämmerer und wurde nach und nach zu immer höheren Würden und Ämtern erhoben. 1789 erhielt Tompson die Leitung des Kriegswesens als Chef des geheimen Kriegsbureaus, 1790 wurde er zum kurbayerischen Generallieutenant und Oberstinhaber des Artillerieregiments ernannt und 1792 unter dem Namen ,,Rumford« in den Reichsgrafenstand erhoben. Aber nicht allein militärischen Zwecken war seine Thätigkeit gewidmet; zur Abstellung des Bettels und Einführung einer geregelten Armenpflege traf er die dankenswertesten Vorkehrungen und förderte die Anlegung von Manufakturen. Seine Erfindung ist die bekannte ,,Rumfordische Armensuppe«, aus welcher sich die heutigen Suppenanstalten entwickelten. Das Schönste aber, was ihm München dankt, ist unstreitig der englische Garten, Vordem breitete sich vor den Nordwällen der befestigten Stadt München eine mit spärlich Baumwuchs bestandene Ebene am linken Isarufer aus. Die herrlichen Anlagen von Schwetzingen, Mannheim und Heidelberg regten in ihm den Gedanken an, auch die von Karl Theodor nicht allzu sehr geliebte Residenz an der Isar mit ähnlichem Gartenwerk zu versehen. Das Projekt fand den Beifall des Kurfürsten und wurde sofort in die Praxis übersetzt, wobei allerdings auch noch praktische Zwecke verbunden waren, indem jeder Soldat der Münchner Garnison ein Fleckchen Erde angewiesen erhielt, auf dem er nach Diokletians Beispiel seinen Kohl bauen konnte. Auch Staatsgebäude entstanden daselbst auf Rumford’s Vorschlag: die Veterinärschule und die Stückgießerei mit Bohrhaus, —- das heutige Kriegsministerium (s. Ludwigsstraße). In letzterem waren der Hauptmann Christian Reichenbach und sein Sohn, Lieutenant Georg Reichenbach, als Bohrmeister und Obermechaniker angestellt. Letzterer wurde auf Rumfords Veranlassung von dem Kurfürsten auf seine Kosten behufs weiterer Ausbildung in der Mechanik nach England geschickt (s. Reichenbachstraße). Die Anlage dieser Etablissements bildete den Anfang der »Schönfeldvorstadt.« Zugleich führte Rumford die Aufsicht über den Abbruch der Festungswerke in München, mit dem 1789 am Neuhauserthor der Anfang gemacht wurde, an dessen Stelle das Karlsthor mit dem Rodell trat, und setzte diesen gegen das Sendlinger- und Schwabingerthor fort. Im Jahre 1796, als die Franzosen undd Oesterreicher vor München standen, erstere auf dem Marsfelde, letztere auf dem Gasteige, um sich gegenseitig zu beschießen, leitete Rumford unter Morawizky die Verteidigung der Stadt München mit solcher Geschicklichkeit, daß der Kurfürst nach seiner Rückkunft in München ihm seine volle Zufriedenheit aussprach München war nämlich von den beiden feindlichen Armeen zwar als neutral geachtet worden, stand aber dennoch in höchster Gefahr, von den hin- und her fliegenden Kugeln beschädigt zu werden; glücklicherweise zogen sich die Franzosen nach drei Tagen wieder an den Lech zurück, ohne daß es zu einem heftigeren Kampfe gekommen wäre. Leider blieben dem trefflichen Manne Feindseligkeiten und Verfolgungen nicht erspart; den Intriguen einer einflußreichen Hofpartei gelang es, ihn i. J. 1798 auf den Gesandtschaftsposten nach London zu entfernen. Er trat zwar diesen Posten nicht an, begab sich aber nach London, wo er das Privatleben für die Wissenschaften dem Staatsdienste vorzog. Im Jahre 1802 verlegte er seinen Wohnsitz nach Frankreich, besuchte von dort aus noch zweimal das ihm liebgewordene Bayern, und verlebte seien letzten Jahre zu Auteuil in der Nähe von Paris, wo er am 22. Aug. 1814 starb. Im Jahr 1805 vermählte er sich, da seine in Amerika zurückgebliebene Frau 1792 gestorben war, mit der Witwe des guillotinierten Chemikers Lavoifier, doch wurde diese Ehe schon 1809 wieder getrennt. Seine Tochter erster Eher, Namens Sara, bekam er erst nach 20 Jahren, als er schon in Bayern war, zu sehen. Seinen Namen erhält bei uns ein ihm im englischen Garten gesetztes Monument, welches ihm in einer Inschrift für sein edles Wirken den Dank der Bewohner Münchens ausdrückt, sowie die nach ihm benannte Straße, welche er im Jahre 1796 als eine um die äußere Befestigungswerke laufende Straße hatte herstellen lassen, und seine von König Ludwig I. in die Ruhmeshalle aufgestellte 1840 von Peter Schöpf verfertigte Büste. **) Ferner befindet sich am Forum der Maximiliansstraße vor der Regierung sein von Zumbusch (1868) modelliertes Standbild. In die Linie dieser Straße ist auch gezogen: Nr. 32. Die Heiliggeistmühle, in alter Zeit die Griesmühle genannt, welche von der Familie der Sendlinger im 14. Jhdt. an das Spital zum hl. Geist gelangte. In deren Nähe befand sich auch die Hainmühl, welche bei Gelegenheit der durch Kurfürst Max I. vorgenommenen Befestigung abgebrochen wurde. Beide lagen vor dem längst verschwundenen Türkenthor.

*) Ausführlichere Abhandlung: Stumpf, Denkwürdige Bayern, S. 294; Sammler, Jahrg, 1894 Nr. 97. **) Vgl. Mayerhofer, Geschichte des Engl. Gartens (Jhbch. f. Münchener Geschichte, Bd. III.)


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{Karl Stankewitz}