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Quelle: |
Straße Königsplatz
Signatur DE-1992-STRA-40-65-16a
Archivalie Straßenbenennungen
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Dokument Zur Neugestaltung des Münchner Königsplatzes
 
DE-1992-STRA-40-65-16a

Samstag, 25. Januar 1947

Süddeutsche Zeitung Nr. 11

 

Zur Neugestaltung des Münchner Königsplatzes

Die beiden Ehrentempel sind gesprengt: zwei nazistische Denkmäler sind verschwunden; München ist. um zwei schauderhafte „Monumentalbauten" ärmer geworden. Da ein Kontrollratsbeschluß möglichst sofortige Äbräumung der Trümmer und eine Neugestaltung des Baugrundes zwischen den beiden Parteibauten verlangt, drängt die Frage, was nun an die Stelle jener Tempel treten soll, zur Entscheidung. Sollen auch die Fundamente gesprengt wurden, damit über der Stelle der einstigen „Ehrentempel" Gras wachse und Bäume grünen, oder sollen sie überbaut werden,, und wenn, was soll dann an dieser Stelle errichtet, werden? Das ist das Problem, das ohne Rücksicht auf die städtebauliche Situation, d. h. eine spätere Umgestaltung, bzw. Restituierung des Königsplatzes nicht befriedigend zu lösen ist.

Die bei den Bombardements verschont gebliebenen prätentiösen Monumentalbauten von Hitlers Hofarchitekten, P. L. Troost (mit die scheußlichste Architektur, die seit Jahrhunderten ln deutschen Landen errichtet wurde) werden für länge Zeit, ja, es ist zu fürchten für ewig eine schwere Belastung für das ludovizlsch-Klenzesche Münchner Stadtbild bleiben. Man wird in späteren Jahren das Granitpflaster, und die darunter liegende mächtige Betonschicht, des hohen Kostenaufwandes ungeachtet, entfernen, müssen, um dem Königsplatz wieder das Gesicht eines Platzes des romantischen- • Klassizismus mit ins Grün von Rasenparterres und Rändbepflanzungen gebetteten antikischen Bauten zu geben. München wird dann wieder einen seiner schönsten und charakteristischsten Plätze erhalten: Glyptothek, Staatsgalerie und Propyläen werden sich dann wieder bescheiden, - doch würdig über dem Boden erheben, während sie jetzt wie nach einer Sintflut, deren Wasser sich noch nicht völlig verlaufen haben, halte und gewichtlos am Rande eines maßstablos gewordenen Platzes herumschwimmen.

Aber die Monumentalklötze der beiden Parteibauten werden das Bild im Osten auch dann noch stören. Man wird also etwas unternehmen müssen, um sie vom Platz aus möglichst unsichtbar zu machen. (Es ,wurde bereits die Errichtung von zwei langgestreckten höheren Bauten an der Arcisstraße erwogen, die dem Königsplatz einen Abschluß am Ostrand geben sollen. Dieser Vorschlag ist aber darum nicht diskutabel,; weil ein derart massiver Abschluß dem Charakter des Platzes nicht entspräche; auch nähmen solche abschließenden Bauten, die doch keine bloßen, schmalbrüstigen Kulissen sein könnten, von der quadratischen Fläche des Platzes zu viel weg. Dagegen wird eine dichte, hohe Randbepflanzung, die die Parteibauten mindestens größtenteils, vor allem im Sommer, verdeckte, einem derart massiven Abschluß vorzuziehen sein, da ihre Lockerheit sehr viel mehr dem romantischen Parkcharakter des Platzes entspricht; denn eben durch dies Gartenstadtartige unterscheidet sich die klassizistische Platzidee wesentlich von der geschlossenen Platzbebauung des Barock. Dem einstigen, der klassizistischen Intention entsprechenden zwanglosen Übergang des begrünten Platzes, in das Grün einer locker bebauten Gartenstadt wird freilich auch eine Baumkulisse nicht ganz gerecht. Aber die „Parteibauten haben nun einmal eine.veränderte und wohl nie mehr zu ändernde Situation geschaffen, die zu einem Kompromiß zwingt. Jedenfalls wird die Arclsstraße samt den Parteiklötzen nicht mehr, in das Platzbild einzubeziehen sein. So hat also die Planung an der Arcis-Brienner-Straßen-Ecke kaum auf den baulichen Bestand des Königsplatzes selbst Rücksicht zu nehmen.

Nun hat Dieter Sattler, der als Architekt für den in dem einen Parteibau stationierten Collecting-Point tätig ist, noch ehe die Sprengung der Tempel beschlossen war, deren Umbau in zwei Kunstausstellungsbauten vorgeschlagen; ein in doppelter Hinsicht nicht sehr glückliches Projekt. Ein Umbau kommt nun nicht mehr in Frage, sondern nur noch eine Überbauung der Fundamente oder, was günstiger wäre, der beiden Eckplätze . .nach Sprengung der Fundamente. Bei » dem Problem- drängt sich die Erinnerung an die beiden Eckbauten Karl Fischers, des Hofarchitekten unter Max-Joseph und Vorgänger Klenzes, auf: es waren dreigeschossige schlichte Kuben mit Zeltdach, schmucklose Bauten, die lediglich durch ihre schönen Proportionen wirkten. Von dieser Erinnerung ließ sich auch Sattler von Anfang an leiten. Nun ist die Situation aber durch die „Parteibauten“ doch so weitgehend verändert, daß man schon etwas robustere Gebilde an die Ecken setzen müßte, damit sie zwischen den über alle Maßen brutalen Parteibauten nicht völlig an Gewicht verlieren. Sie müßten die absoluten Maße der Fischerschen wohl noch übertreffen nnd nicht allzusehr der Feingliedrigkeit des romantischen Klassizismus nachstreben, überhaupt nicht zu eklektizistisch. sein, sondern mehr die kubische Masse betonen (natürlich ohne der Troostschen Brutalität nachzustreben). Es ist jedenfalls eine, äußerst diffizile Aufgabe. Hohe Baumpflanzungen könnten dazu dienen, die Schmalseiten, der Parteibauten etwas zu verdecken, wenn auch die scheußlichen Gesimse immer sichtbar bleiben werden.

Der Gedanke, hier Kunstansstellungsbauen zu errichten, scheint auf den ersten Blick einleuchtend, da es ja zur Zeit, in München an Räumen für Kunstausstellungszwecke sehr fehlt. Jedoch kann die Frage nicht so sehr von einem augenblicklich dringenden Bedürfnis her entschieden werden, sondern nur aus weiterer Sicht auf die Zukunft. Da beide Bauten mehrgeschossig sein müssen, werden sie den Anforderungen, die an wirklich gute, zweckgerechte Kunstausstellungsbauten zu stellen wären, nicht entsprechen können. Sie enthielten in der Hauptsache Räume mit Seitenlicht, die bewegliche Wäqde nicht zuließen. Wir erhielten also, von wenigen Oberlichträumen in den obersten Geschossen abgesehen, schlechte, mindestens nicht ideale Ausstellungsräume, eine Architektur, die doch allzusehr von außen nach innen gebaut wäre. Im übrigen wird in späteren Jahren den temporären modernen Kunstausstellungen doch einmal wieder das ehemalige „Haus der deutschen Kunst", daneben vielleicht noch der Staatsgalerieban und die Städtische Galerie, für den staatlichen Gemäldebesitz ein Galerieneubau zur Verfügung stehen Wir hätten also in ein, zwei Jahrzehnten eine mit Wertvollem nicht zu füllende Fülle von Kunstausstellungsbauten!

Dem augenblicklichen dringenden Bedürfnis wäre mit einem schlichten Barackenbau mit seitlichem Oberlicht (Laternen), mit beweglichen Wänden in großen Sälen zweifellos sehr viel besser abzuhelfen, wobei dieses Provisorium weniger eine fante de mieux wäre als die Eckbauten an der Arcisstraße. Diesem Gedanken hat sich auch Dieter Sattler in einer Diskussion des Problems nicht verschlossen.

Welchen Zwecken sollen nun aber diese Bauten dienen? Da das Bedürfnis an Verwaltungsbauten wahrlich, nicht gering ist, dürfte sich unschwer eine wirtschaftlich vertretbare Verwendung finden. Zn denken wäre aber auch daran, in dem einen Bau die staatliche Graphische Sammlung zu installieren. Ihren Bedürfnissen genügte ein großer, unterteilbarer Oberlichtraum für Ausstellungen; die unteren Räume, könnten als Studien-, Bibliotheks-, Magazin-, Verwaltungs-, Werkstatträume Verwendung finden. In den anderen Bau könnte man eventuell das künsthistorische und archäologische Seminar mit ihren Sammlungen (vielleicht sogar andi der Abgußsammlung), der Universität mit den dazugehörigen Hörsälen uuterbringen, die Nähe der Glyptothek, anderer Kunstinstitute nnd der Technischen Hochschule, die nicht allzn große Entfernung von der Universität, die ein Kommen und Gehen während der Pausen zwischen den Kollegs gerade ermöglichte, wäre solcher Verwendung des Baues durchaus günstig Aber welchen Zwecken man die künftigen? Eckbauten an Arcis- Brienner Straße auch zuzuführen gedenkt, der in mehrfacher Hinsicht verfehlte ursprüngliche Plan, dort zwei Kunstausstellungsbauten zu errichten, ist inzwischen hoffentlich endgültig fallen gelassen.

Hans Eckstein